Die Konsumgenossen – gemeinschaftliches Wohnen
Angefangen hat unser Projekt mit der Idee, dass wir uns als Alleinerziehende einfach miteinander solidarisieren anstatt uns einzeln abzurackern, um der Armutsfalle zu entgehen. Läuft ja nicht bei allen so mit der Lebensplanung, da wird es dann schnell eng: Geld und Zeit sind Mangelware, du bist ständig am Organisieren und Machen und Tun, um über die Runden zu kommen, und dann sagt dein Lütter zu dir: Mama, du bist nie da wenn ich dich brauche! Das tut weh. Daher sind wir mehr als andere Familien angewiesen auf ein funktionierendes Netzwerk, das unvorhergesehene Krisen abpuffern kann. Sobald etwa die Kita unerwartet früher schließt oder im Job Überstunden anfallen bricht die Alltagsplanung in sich zusammen. Dann fühlt man sich tatsächlich alleingelassen und überfordert. Und übersieht dabei, wie vielen Menschen es ähnlich geht. Warum also nicht sich zusammenschließen und gemeinsam das leisten, was alleine schwierig wird? Wohnen mit gegenseitiger Hilfe – das war die Grundidee, als wir uns vor ein paar Jahren entschlossen haben aktiv zu werden.
Mittlerweile ist das Projekt größer geworden, als ich gedacht hatte, und zwischendurch hatten wir mehrmals unsere Krisen und dachten, das wächst uns total über den Kopf. Aber ich kann heute rückblickend ganz klar sagen: von der Idee 2019, über die Gründung der Genossenschaft 2020 bis zum tatsächlichen Einzug vor einem Jahr, ich bereue nichts! Das ehemalige Konsum-Gebäude haben wir damals zufällig gefunden, daher kommt auch unser Name – eigentlich sind wir ja eher kritisch mit Konsum und so. Es war nicht einfach, das dem Besitzer abzuluchsen, aber uns hat eine Stiftung geholfen und schließlich haben wir es übernommen und schrittweise ausgebaut. War auch höchste Zeit, denn lange hätte das nicht mehr gestanden sonst. Unten befindet sich jetzt unsere Kindertagesstätte, wo Leute aus der ganzen Stadt ihre Gören abgeben können. Darüber gibt es verschieden große Wohnungen, die man sich je nach Budget oder Bedürfnissen teilen kann.
Das Konzept heißt Clusterwohnen und ist noch relativ neu: An einem großen, gemeinschaftlich genutzten Wohnraum liegen kleine, private Zimmer, von denen man so viele mietet wie man braucht. Wenn man sich zurückziehen will, funktioniert das also genauso easy wie wenn man ein Essen für 20 Leute veranstalten möchte – was toll ist, denn das geht ja normal nicht, wenn man mit Kind in einer Ein-Zimmer-Bude lebt. Und zeitlich sind wir alle unterschiedlich flexibel, was eben auch heißt: Wir können füreinander einspringen, wenns mal brennt. Die gegenseitige Hilfe muss natürlich freiwillig geschehen: Es gibt keinen Gemeinschaftszwang. Aber ein Gefühl von Verbundenheit und Verbindlichkeit, von dem alle profitieren, das gibt es schon, und zwar nicht nur in der Hausgemeinschaft, sondern auch in der Nachbarschaft. Ich glaube, unser Hausprojekt ist ein inspirierendes Umfeld für uns und unsere Kinder, in dem man Gemeinschaft aktiv lebt und mitgestaltet.Schon Wirklichkeit
Allerhand – gemeinschaftliches Wohnprojekt in Zusammenarbeit mit dem Mietshäuser Syndikat, Strausberg 2018
Vitopia – umbau einer ehemaligen Gärtnerei an der Elbe zum gemeinschaftlichen Wohnprojekt mit Café und Seminarhaus, Qbatur, Magdeburg 2016
Samtweberei Krefeld – Quartiersentwicklung durch Mischnutzung und bürgerschaftliches Engagement. Montag Stiftung Urbane Räume, Krefeld 2013
Grüße aus der Zukunft >> Wittenberger Transformationsgeschichten
Alle Transformationsgeschichten wurden 2018 von subsolar* Architektur und Stadtforschung im Auftrag der Stadt Wittenberge entwickelt. Sie basieren auf den Erkenntnissen der Rahmenplanung Packhofviertel und aktuellen urbanen Transformationsprojekten.