Grüße aus der Zukunft 12

Alle unter einem Dach  – Generationenwohnen in Mieterinitiative

Eigentlich war das eine richtige Schnapsidee: Wir saßen bei unserer üblichen Skatrunde am Donnerstagabend und alle meckerten über ihre Wohnsituation. Dann hat Jutta gesagt: Warum ziehen wir nicht alle zusammen? Nicht in einer gemeinsamen Wohnung, nein, aber in ein Haus, in dem jeder sein eigenes Reich hat und das auch noch etwas Raum lässt für das Zusammensein. Man liest ja immer von diesen Mehrgenerationenhäusern. Aber wann bitte wird denn hier eines eröffnet, und wer darf dann dort wohnen? Wenn man immer nur wartet, dann verpasst man ganz schön viel im Leben. Deshalb sind wir aktiv geworden. Geld für Eigentumswohnungen haben wir alle nicht. Wir wollten Mieter bleiben. Ich hab einfach mal Stephan angerufen. Den kenn ich schon, seit er mit meinem Sohn zur Schule gegangen ist. Jetzt arbeitet er bei der WGW. Er hat sich unsere Idee dann auch angehört, war aber erst mal etwas skeptisch. Klar bauen sie für die Bürger, aber so einen ganz konkreten Auftrag, das ist doch etwas anderes. Wir haben uns aber nicht abwimmeln lassen. Wir haben gesagt: Ihr braucht für unser Haus keine Inserate schalten und keine Mieter suchen, denn die stehen ja schon vor euch! Wir haben auch noch ein Programm entdeckt, das den Bau von Mehrfamilienökohäusern fördert. Genau unser Ding!

 

Die WGW hat das dann durchgerechnet und gesagt: Okay, wir versuchen das mal, ihr seid jetzt ein „Modellvorhaben“. Das war für uns auch sehr aufregend, denn manchmal haben wir selber gezweifelt, ob wir das eigentlich in aller Konsequenz wollen, all der Aufwand, und so eng zusammenwohnen. Viele von uns waren ja das große leere Haus am Stadtrand gewöhnt, wo dir keiner reinredet – und wenn doch lässt du einfach die Hecke noch ein Stückchen höher wachsen. Aber seit meine Frau gestorben ist, war es doch etwas sehr ruhig in meinem Leben.

 

Und ich war sehr froh, dass sich in unserer Gruppe auch einige Jüngere engagieren. Die Tochter von Klaus ist mitsamt Hund und Kind dazu gestoßen und ein befreundetes Pärchen ebenfalls. Wir wollten ein buntes Haus, und haben es auch bekommen. Es enthält ganz unterschiedliche Wohnungen und heute gibt es für alle noch weitere Interessenten, und das nicht nur aus unserem Bekanntenkreis. Das muss man sich vorstellen: eine Warteliste für Wohnungen, das gab es hier zuletzt in den 80er Jahren.
Das war schon viel Arbeit, die wir da reingesteckt haben. Und viel reden. Aber es zahlt sich aus: Schon vor dem Einzug haben wir oft Umwege gemacht um an der Baustelle vorbeizuschauen, und so fühlen wir uns hier von Anfang an zu Hause. Es ist wirklich etwas besonders aus dem Boden gewachsen.Schon Wirklichkeit

Stapelwohnungen – modularisierte Bauelemente werden im gemeinsamen Baukörper „gestapelt“, Zapco Ltd,, Rheinfelden (Schweiz) 2012

 

La Vida Verde – Energie-plus-Haus, das mehr Strom erzeugt, als es verbraucht. 39 Bewohner*innen aller Generationen, Mietshäuser Syndikat, Berlin 2014

 

3xGrün Pankow – Holz-Geschosswohnungsbau in Fertigteilbauweise, ArGe Atelier PK, roedig . schop Architekten und Rozynski-Sturm Architekten, Berlin 2011

 

Grüße aus der Zukunft  >>  Wittenberger Transformationsgeschichten

Alle Transformationsgeschichten wurden 2018 von subsolar* Architektur und Stadtforschung im Auftrag der Stadt Wittenberge entwickelt. Sie basieren auf den Erkenntnissen der Rahmenplanung Packhofviertel und aktuellen urbanen Transformationsprojekten.